„Eine alte Indianerin pflegte ihren spanischen Nachbarn stets ein paar Rebhuhneier oder eine handvoll Waldbeeren zu bringen. Die Nachbarn sprachen kein Araukanisch mit Ausnahme des begrüßenden „Mai-mai“, und die alte Indianerin konnte kein Spanisch, doch sie genoss Tee und Kuchen mit anerkennendem
Lächeln. Die Nachbarskinder bestaunten ihre farbigen Umhänge, von denen sie mehrere übereinander trug, ihre kupfernen Armbänder und ihre Halsketten aus Silbermünzen. Sie wetteiferten darum, den melodischen Satz zu behalten, den die Frau jedes Mal zum Abschied sagte. Schließlich konnten sie ihn auswendig,
und sie fragten einen anderen Indianer, der zugleich spanisch sprach, was er bedeute. „Er bedeutet“, antwortete dieser, „ich werde wiederkommen; denn ich liebe mich, wenn ich bei euch bin.“
Erschienen in LebensZeit, Newsletter vom 3.2.2013
Andere Menschen spiegeln eigentlich uns selbst wieder. Sie spiegeln unsere eigenen Anteile, die wir z. B. an uns wahrnehmen, vermissen und für uns wünschen. Umso schöner ist es, wenn die Gegenwart eines bestimmten und besonderen Menschen für uns Heimat bedeutet, bei dem wir uns Zuhause fühlen. Jedes Gespräch mit diesem Menschen ist für uns ein seelischer Seychellen- Urlaub, bei dem wir die positiven Energien fließen… unsere Seele fallen lassen und innerlich auftanken.
Ja, indem wir diesen besonderen Menschen begegnen, begegnen wir uns selbst und spüren wir sehr wir diesen Menschen lieben, weil er uns unsere Selbstliebe und positiven wie ersehnten Anteile spüren lässt. Die Kunst besteht darin, ihm Raum zu lassen und zugleich ihm nahe zu sein.
© Çiğdem Gül 23.08.2015
Picture thanks to © Margarita Kareva